Villa Grock - Imperia - Historischer Reiseführer

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Villa Grock

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VILLA GROCK




Adrian Wettach… GROCK der Clown

Adrian oder auch Charles Adrien Wettach wurde am 10. Januar 1880 in Loveresse, Berner Oberland, geboren. Die Grundlagen für sein künstlerisches Schaffen lernte er unter anderem von seinem Vater, der eigentlich von Beruf Uhrmacher war. Die Musik faszinierte jedoch die ganze Familie Wettach und so brachte der Vater seinem Sohn das Spielen der verschiedensten Musikinstrumente bei. Adrian war ein vielseitiges Talent. Er spielte die unterschiedlichsten Instrumente, sprach mehrere Sprachen und verdiente sich auch von 1897 bis 1899 als Gymnastik- und Reitlehrer am Hause des Grafen Bethlen Kalman in Ungarn sein erstes Geld. Danach folgte eine Lehre als Instrumentenbauer in Budapest, wo er auch seinen künftigen Kollegen „Clown Alfred Spitz“ kennenlernte und begeistert in den Beruf des Artisten überwechselte.

Ab 1903 entdeckte er sozusagen die Bühnen der Welt. Adrian Wettach arbeitete zunächst als Kassierer beim Schweizer National Zirkus, wo auch die Clowns „Brick und Brock“ auftraten. Als Brock unerwartet eines Tages den Zirkus verlies, erkannte Adrian seine Chance als man ihn fragte, ob er, zusammen mit Brick spielen würde. Er hatte nur eine Bedingung, er wollte einen eigenen Künstlernamen und sagte spontan: „Ich bin Grock“.
Ab 1905 bereiste er Frankreich, Belgien, Spanien, Nordafrika und Italien. Der Weltruhm von Grock begann mit dem Debut des Clownpaares „Antonet und Grock“. Er hatte Antonet, bürgerlicher Name Umberto Guilleaume, während einer Reise nach Buenos Aires kennengelernt. Er war der weltberühmte Clown der damaligen Zeit. Fasziniert von dem außergewöhnlichen Talent von Grock nahm er ihn unter seine Fittiche und förderte ihn bis zum Jahre 1913, dem Zeitpunkt ihrer beruflichen Trennung.
Der erste Weltkrieg kam, doch Grock blieb verschont. Durch einen „Röntgenunfall“ hatte er sich einige Jahre zuvor die linke Hand verbrannt und musste deshalb nicht zum Militärdienst. Diese Verbrennung war auch verantwortlich für ein besonderes Markenzeichen von Grock. Seit der Verbrennung im Jahre 1911 versteckte er diese Hand unter einem weißen Handschuh. Die Zuschauer hatten keine Ahnung davon, interpretierten dies als besondere Attraktion, wenn Grock mit Handschuhen seine Musikinstrumente spielte.

          

Sein Repertoire war bestückt mit viel Mimik, Musik und wenig Worten, sein Gesicht mit weißer Schminke bemalt. Man kannte ihn inzwischen an allen Varietés auf der ganzen Welt. Seine Gagen erreichten schwindelerregende Beträge. Die Menge tobte, wenn er mit seiner kleinen Geige im riesigen Bass Geigenkasten auf die Bühne kam. Dieser Gag entwickelte sich, wie viele Szenen, die er nachspielte, aus seinem Alltag. So erzählte er, dass er auf die Idee mit der Geige kam, weil er in der Garderobe noch nach Requisiten suchte. Eigentlich bewahrte er alle seine Sachen in einem großen Koffer auf. So öffnete er ihn und fand darin aber nur seine kleine Geige, alles andere war schon aus dem Koffer genommen. Er fand aber diesen Moment so witzig, dass er daraus diesen Gag machte.



Dann gab es noch die Nummer mit dem Klavierflügel. Grock hatte während einer Probe wohl einen riesen Krach mit seinem Partner. Die beiden stritten um die Wette. Im Eifer des Gefechtes hob Grock den Deckel vom Flügel und machte drohende Gebärden. Plötzlich musste er schmunzeln, legte den Deckel seitlich an das Klavier und lies seinen Hut hinunterrutschen – sein Kollege schaute ihn nur verdutzt an – und Grock überlegte nicht lange, setzte sich auf den Deckel und rutschte selbst auch noch, mit seinen übergroßen Hosen und Schuhen runter. Diese Szene war anscheinend so witzig, dass der Kollege nur noch in der Ecke saß und Tränen lachte. Somit war ein weiterer Gag geboren.

Grock bereiste, man könnte fast sagen, die ganze Welt, aber die Stadt, in die er sich letztendlich verliebt hatte, war Oneglia. Doch eins nach dem anderen… Bereits vor 1920 heiratete Grock die, zehn Jahre jüngere „Ines Ospiri“, die er zuvor in Parais kennengelernt hatte. Sie war eine geschiedene Frau mit einer Tochter namens Bianca. Als die Beiden heirateten, adoptierte er Bianca.
Als die kleine Familie im Jahre 1921 die Schwiegereltern in ihrem Feriendomizil in Oneglia besuchten, mietete Grock auf dem „Collina delle Cascine“ ein kleines weißes Häuschen. Er hatte sich sofort in das kleine Anwesen sowie dem faszinierenden Panorama verliebt, so dass er unversehens alles, inklusive dem großen Grundstück kaufte, damit alle Familienmitglieder hier künftig zusammen Ferien machen könnten. Doch man merkte schnell, dass alles zu klein und eng wurde als man sich hier in den nächsten Jahren zu den Familientreffen einfand. So beschloss im Jahre 1924 Adrian Wettach, dass hier an dieser Stelle ein neues, größeres Haus gebaut werden muss.

Unter der Leitung des Statikers „Armando Brignole“ sowie dem Bauunternehmer „Garibbo“ aus Porto Maurizio, begannen die Bauarbeiten, die der imperiese „Giacomo Ventimiglia“ mit beeindruckenden Stuck- und Gestaltungsarbeiten ergänzte.
Die Arbeiten, bis zur Fertigstellung, dauerten insgesamt sechs Jahre, nicht zuletzt deshalb, weil Grock ein Perfektionist war. Er war in dieser Zeit auch viel auf Reisen, doch wenn er zur Baustelle kam und ihm etwas nicht gut genug war, ließ er es kurzerhand wieder abreißen und neu gestalten. So entstanden in dieser Zeit wunderschöne, fabelhafte und unnachahmliche Bauelemente sowie Skulpturen. Insgesamt arbeiteten 500 Fachkräfte an diesem Anwesen.
Wie viele Zimmer dieses Anwesen letztendlich hat, lässt sich nur schätzen, denn die vielen Aufzeichnungen schwanken zwischen 40 und 50 Zimmern. Die Fertigstellung der gesamten Anlage war etwa im Jahre 1930. Grock benannte das Anwesen nach seiner Adoptivtochter Bianca, aber auch in Erinnerung an das kleine weiße Haus, das hier einst stand „Villa Bianca“.

Bereits der erste Blick durch das schmiedeeiserne Tor und dem Zaun vermittelt eine einzigartige Atmosphäre. Palmen, Tannen, Libanon-Zedern, Magnolien, Zitrusbäume und Olivenbäume sind mit den Jahren zu stattlichen Bäumen herangewachsen. Ergänzt wird die Anlage durch die vielen exotischen und heimischen Blumen, die, je nach Jahreszeit in allen möglichen Farben leuchten. Und dazwischen immer wieder Rosen, die Lieblingspflanze von Grock.

          

Der Große Teich mit dem stattlichen Pavillon nutzte man gerne bei den großen Festlichkeiten für das Orchester, die es jedoch nicht so ganz einfach hatten, mit ihren großen, sperrigen Instrumenten über die schmale Brücke zu gelangen. Der Teich war früher mit, in allen Farben schillernden exotischen Fischen gefüllt. Dann sollte man sich noch das Ganze im Mondenschein, mit den vielen unterschiedlichen Außenlampen und den installierten Wasserspielen vorstellen… wie in einer anderen Welt.

       

Über dem Portikus des Gartens hatte sich Grock ein Fotostudio sowie Labor eingerichtet. Hier fröhnte er seinen vielen Hobbies und reparierte Uhren, arbeitete mit Holz und tüftelte sogar an einer Diebstahlsicherung. Gerne bastelte er für seine Freunde kleine persönliche Geschenke wie zum Beispiel die selbstgedrechselten Zigarettenspitzen, die durch einen Knopfdruck dann die Kippen entfernten. Im unteren Teil des Parks, unschwer zu erkennen, der alte Ballsaal. Bei Sonnenschein verwandelten die bunten Fenster diesen Raum in etwas ganz Besonderes, was durch die vielen Installationen an den Wänden, der Decke und sogar im Fußboden noch verstärkt wurden.

            

Alles in allem kann man sagen, der Außenbereich spiegelt das Leben von „Grock dem Clown“ wider. Doch wenn man die Villa von innen betrachtet erkennt man gleichmäßige Strukturen, elegante, quadratische Räume, die einfach nur Ruhe ausstrahlen. Man staunt, schmunzelt, ist überwältigt und muss auch mal den Kopf schütteln. Welches Bauwerk, welche Kunst lässt uns in einem Atemzug diese Emotionen erleben?

                    

Adrian Wettach, nur ein Clown? Bei weitem nicht! Nebenberuflich war er auch noch Industrieller. Sein technisch begabter Neffe hatte ein Patent auf einen Plattenspieler mit Spezialmotor. Grock gründete seine Firma „Perfecton“ und der Plattenspieler wurde ein riesiger Erfolg. Dieses Produkt war so erfolgreich, dass die Amerikaner ihm das Patent abkaufen wollten aber Grock blieb standhaft, ganz nach seinem Motto…… „Nit möööglich!

Ab 1939 hatte er sich offiziell vom Clown-Leben zurückgezogen, spielte aber für verwundete deutsche Soldaten in einem Berliner Lazarett, was der behandelnde Arzt neidlos mit den Worten bestätigte, dass Grock für die Kranken in einer Stunde mehr bewirkt hätte als er in Wochen. Jedoch nahmen ihm das die Schweizer und Franzosen übel, dass er dem „Feind“ helfe. Grock, ganz in seiner Rolle antwortete darauf: „Ich bin International! Verwundete Soldaten sind keine Feinde.“

Adrian Wettach starb hier auf seinem Anwesen im Jahre 1959, wo er auch die letzten Jahre seines Lebens verbrachte. Seine Adoptivtochter Bianca verkaufte im Jahre 1975 den gesamten Besitz, inklusive der Einrichtung und persönlicher Erinnerungsstücke.
Im Jahre 2002 konnte die Stadt Imperia das Anwesen für etwa 1,5 Millionen Euro erwerben, renovierte und restaurierte das gesamte Bauwerk, was dann im Jahre 2013 durch den damaligen Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Sig. Claudio Scajola, feierlich der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

In der Ausgabe des „Spiegel 30/1949“ vom 21.07.1949 fand ich noch den Artikel über Adrian Wettach, der damals 69 Jahre alt war. Zitat:
„Man sieht Adrian Wettach seinen Reichtum allerdings nicht an. Mit seinen derben Schuhen gleicht er eher einem deutschen Nachkriegsbürger als einem Millionär. Nur ein paar erbsengroße Brillanten an den Händen von Madame Wettach und ein 2,3 Liter Mercedes, den Grock meist mit Riesengeschwindigkeit fährt, überzeugen von der finanziellen Sicherheit.“

Charles Adrian Wettach, der im Zirkus die ersten Salti schlug, bis zu dem Clown, der mit den zwei Worten „nit möööglich“ die Menschen bezauberte!





 
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