STORIA Ventimiglia - Imperia - Historischer Reiseführer

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STORIA Ventimiglia

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VENTIMIGLIA




Die Stadt und das Umland von Ventimiglia sind von beeindruckender Landschaft geprägt. Dieses Gebiet umfasst eigentlich alle Formen eines Landschaftsbildes. Die Küste zwischen den beiden Flüssen „Roia“ und „Torrente Nervia“ ist flach und hat sowohl Sand- als auch Kiesstrände, die sich beim „Capo Mortola“ befinden. Östlich davon erstreckt sich ein Marschland, das sich über die Jahrtausende, durch den „Torrente Latte“ aber auch das Meer entwickelt hat.
Dann gibt es imposante Klippen der „Balzi Rossi“, daneben die üppige Vegetation, die rund um die „Villa Hanbury“ entstanden ist und immer wieder dazwischen die zerklüfteten Hänge, die bis zu dem „Monte Grammondo“ führen. Dieser Berg in den „Alpi Marittime e Prealpi di Nizza“ erstreckt sich sozusagen als Grenzmarkierung zwischen Italien und Frankreich bis auf eine Höhe von 1.378 Metern.
Der Küstenabschnitt von Ventimiglia in Richtung französische Grenze ist eine, teilweise nicht zugängige Steilküste und zeigt sich, gerade auch durch die Auszeichnung als Naturschutzgebiet, in seiner ursprünglichen Form und Vegetation und besitzt auch noch kleine Buchten mit den typischen Kiesstränden.

Das heutige Ventimiglia beginnt im Osten direkt am Fluß „Nervia“ und endet hinter dem Fluß „Roia“ auf dem Hügel „Cavo“, wo sich die Altstadt von Ventimiglia befindet. „Nervia“ entspringt an den Hängen des „Monte Pietravecchia“. Hier nennt man ihn noch „Valun de Tane“, der sich etwa 28 km durch das naturgeschützte Flussbett hinabschlängelt, vorbei an der „Oasi faunistica del Nervia“, einem WWF überwachten Gebiet, bis zur Mündung bei Ventimiglia ins Ligurische Meer.
„Roia“ entspringt im Grenzgebiet zwischen Italien und Frankreich, in den französischen Seealpen, östlich des „Colle di Tenda“. Dieses Gebiet liegt inmitten des französischen Nationalparks „Mercantour“. Zunächst als Wasserfälle steil abfließend, dann im mittleren Teil bei Breil-sur-Roya ein gleichmäßiger Wasserlauf, der auch gerne für Kajak und Rafting genutzt wird. Dazwischen immer wieder enge Schluchten und dem Wegbegleiter, der „Tendabahn“. Diese Bahn ist auch heute noch im Einsatz und ist eine hervorragende Idee, diese Gegend auf traditionelle Weise zu erkunden.

Die Idee zu dieser Beförderungsmöglichkeit wurde noch zu Zeiten des italienischen Königshauses „Casa Savoia“ geboren. Man herrschte noch über den Piemont und die Grafschaft von Nizza. Man wollte die kommerziellen und kulturellen Kommunikationswege erweitern. Es war „Camillo Benso“, Conte di Cavour, der in der Funktion als Präsident des Ministerrates des Königreichs Sardiniens den Bau der Eisenbahnlinie zwischen Turin und der Côte d’Azur im Jahre 1853 zur Prüfung vorlegte und das Projekt „Ferrovia Cuneo-Limone-Ventimiglia“ oder auch einfach nur „Linea del Tenda“ konnte starten. Weitere Infos unter „Storia – 19.-20. Jahrhundert“.

Zwischen den vor genannten beiden Flüssen liegt ein flacher Küstenstreifen mit Kiesstrand. Gemäß den Ausgrabungen kann man davon ausgehen, dass hier die ursprüngliche Ansiedlung stattfand. Man fand hier ein römisches Dorf „Albintimilium“.

Die Stadt Ventimiglia besitzt viele kleine Stadtteile, dreizehn Stück um genau zu sein. Überquert man den „Torrente Nervia“ befindet sich links, in Richtung Meer, der Stadtteil „Biscione“ und rechts, in Richtung Hinterland ein kleines Gebiet mit dem Namen „Collasgarba“. Diese beiden Stadtteile kann man auch schlicht und einfach „Nervia“ nennen. Einige Meter weiter auf der Hauptstraße, der SS1, befindet sich nach der „Area archeologica di Nervia“ dann der Stadtteil „Le Logge“ und kommt dann unweigerlich ins „Centro Studi“, gefolgt vom Stadtzentrum, dem „Antico sestiere Cuventu“.
Hinter den Bahngleisen liegt der Stadtteil „San Secondo“, der dann in „Madonna delle Virtù“ übergeht und auf der SS20 nach „Gianchette“ führt. Wenn man dieser Straße weiter landeinwärts folgt, noch unter der Autobahn durch, kommt man in den Stadtteil „Roverino“ und „Roverino Vecchia“. Über dem Fluss „Torrente Roia“ liegt der Stadtteil „Gallardi“, eingerahmt von den weiteren Stadtteilen „Sant’Anna“ sowie „Frati Maristi“, beim gleichnamigen Kloster.
Oberhalb, auf dem Hügel, liegt noch „Ville“ mit den Weilern „Calaudri“ und „Ville Inferiori“. Folgt man aber dem Flusslauf in Richtung Meer, kommt man in den Stadtteil „Peglia“ und dann zum unteren Altstadtteil „Borgo“. Auf dem Hügel, selbstredend, „Ventimiglia Alta“ und das „Centro Storico“ sowie dahinter „Peidaigo“. Abschluss bildet dann noch unten am Meer „Marina San Giuseppe“.
Dies waren nur die Stadtteile von Ventimiglia Stadt. Aber es gibt noch über zwanzig dazugehörige Orte. Man kann sagen, dass das Gebiet, entlang des Meeres zur französischen Grenze dann in die Berge, rüber nach Villatelle und weiter nach Torri geht. Von hier dann gerade aus rüber nach Trucco und dann das ganze Roia Tal bis hinunter zum Meer. Natürlich, wie bereits beschrieben, gehört auch das Gebiet zwischen dem Torrente Nervia mit den Stadtteilen dazu.





STORIA

Es gibt viele Schriften, Mythen und Vermutungen über den ursprünglichen und auch heutigen Namen der Stadt Ventimiglia. So gibt es alte Aufzeichnungen der Notare und kirchlichen Institutionen die besagen, dass man zunächst von dem „Il Vintimilium“ sprach. Dann veränderte sich der Sprachgebrauch und man nannte den Ort unter anderem auch „Ventimilium“, „Victimilium“ oder auch „Vigintimilium“. Dann besann man sich in den letzten Jahrhunderten der „weiblichen“ Sprachvorm sowie der Bedeutung, Geschichte und Herkunft des Ortsnamens und ließ wissenschaftlich den Namen analysieren. Man hatte entdeckt, dass die Bewohner bereits im 8. Jahrhundert „Venti Miglia“ umgangssprachlich gebrauchten und es sich bis zum 12. Jahrhundert herumgesprochen hatte, dass diese Siedlung „Venti Miglia“ heißt.

Es gibt auch noch die Vermutung, dass ein weiterer Stadtname gebräuchlich war „Albom Intemelion“ (Albom = ligurisch für Hauptstadt und dem ethnischen Namen Intelemilionu). Diese beiden Wörter wurden ins Lateinische gesetzt und zu „Album Intimilium“, was dann zu „Albintimilium“ wurde. Im Laufe der Jahrhunderte wurde dann im Mittelalter daraus „Vintimilla“.

Aber auch die Seefahrer sind noch zu erwähnen. So sollen die Seefahrer aus dem 8. bis 9. Jahrhundert gerne ihre eigenen Bezeichnungen für die Häfen benutzt haben. „Vegintimilium“ war ein recht umständlicher, langer Name. Man nutzte in den Angaben der Reiserouten gerne Abkürzungen und so wurde zum Beispiel aus „Viginti“ dann „Venti“ oder das römische Zeichen „XX“ für die Zahl 20 und aus „Milium“ wurde dann „Milla“. Ventemila oder auch „XXmiglia“.

Das Gebiet rund um Ventimiglia bewahrt außergewöhnliche Schätze und zeugt von altsteinzeitlicher Urgeschichte. Entlang des Küstenstreifens bis zur nahegelegenen französischen Riviera hat man sehr interessante Funde aus dieser Zeit zu Tage gebracht. Das älteste Zeugnis der paläolithischen Kultur wurde in der „Grotta del Vallonet“ bei Menton gefunden. Man schätzt die Funde auf die „Günz-Kaltzeit“, mindestens zwei Vereisungen und somit etwa einer Million Jahren. Es sind Ansiedlungen der sogenannten Kieselstein-Kultur und wird zur Gattung „homo nabilis“ zugeordnet. So fand man auch in den nahegelegenen Höhlen der „Balzi Rossi“ für die Forschung wichtige Fossilien, flora und fauna, die sich in dem grenznahen Bereich von „Ponte San Ludovico“ befinden. „Horace-Bénédict de Saussure“ oder sein Sohn „Nicolas-Théodore“, beide waren Genfer Naturforscher, hatten die Forschungen vorangetrieben und 1846 den Prinzen „Principe Florestano I di Monaco“ ermutigt, hier weiter zu recherchieren.

Im späten 19. Jahrhundert hatten sich weitere französische und italienische Gelehrte diesem Projekt angeschlossen, darunter auch „Alberto I di Monaco“. Doch zu viele Wissenschaftler und sogenannte Forscher verursachten zunächst große Meinungsverschiedenheiten, unsachgemäße Ausgrabungen und daraus resultierend unsachgemäße Bergung der Fossilien, die sogar die Zerstörung eines Cro-Magnon-Skeletts zur Folge hatten.

Auch wenn diese Forscher, Gelehrten und (Hobby)-Sammler ernsthafte Verwüstung betrieben, der Zweite Weltkrieg seine Spuren hinterließ, sind die „Balzi Rossi“ dennoch von großer wissenschaftlicher Bedeutung und kulturell von großem Interesse.
Während der Kalt- und Warmzeiten in dieser Region senkte sich das Meeresgewässer, im Vergleich zu heute um etwa 80 Meter. Vor etwa 50.000 Jahren stieg dann der Meeresspiegel wieder auf das gleiche Niveau. Dann kam die letzte Kaltzeit, die eine Vergletscherung vom Alpenraum bis über die Seealpen hinunter zum Meer zur Folge hatte. Man nennt diesen Zeitraum von etwa 115.000 bis 10.000 Jahre vor heute auch die „Würm-Kaltzeit“, wobei es hier auch Abweichungen gibt, je nach Lage des Gletschers. In dieser Zeit zog sich das Meer um etwa 100 Meter zurück und stabilisierte sich dann vor etwa 10.000 Jahren auf den heutigen Meeresspiegel.
Diese Gezeiten lassen sich anhand der Gesteinsschichten an den Grotten der „Balzi Rossi“ eindeutig belegen. Weitere ausführliche Beschreibungen über diese Grotten und deren Ausgrabungen findet man unter der Rubrik „Sehenswürdigkeiten“.

Ein weiteres Zeugnis für das menschliche Leben zwischen der Jungsteinzeit (11.000 v.Ch.) und der Bronzezeit (ca. 1.000 v.Ch.) in den Bergen, den „Alpi Maritime“ befindet sich in den Höhlen des „Monte Bego“ im Hinterland der Ligurischen Seealpen. Höhlenmalereien belegen die pastorale Kultur der Bevölkerung. Der italienische Historiker „Pietro Gioffredo“ beschrieb schon im 17. Jahrhundert diese Funde. In seiner, über 4.000 Seiten langen Studie über die Geschichte der Seealpen berichtete er auch ausführlich über „das Wunder von Bego“. Er schrieb über die Bevölkerung der Region zwischen der Seealpenküste von Ventimiglia bis zum etwa 2.500 m hohen „Monte Bego“. Die darin beschriebenen Wandmalereien an Felsen und Höhlen wurden über die Jahrhunderte von bedeutenden Wissenschaftlern untersucht und analysiert. Die vielen Tierdarstellungen, aber auch pastoralen Aktivitäten, lassen sich datieren auf etwa 11.000 bis 1.000 vor Chr. Entsprechende Funde und Ausgrabungen befinden sich heute in einigen umliegenden Museen zwischen Ventimiglia bis Nizza.

Auch wurden in diesem Gebiet, entlang des gesamten Roia-Tals bis zum Monte Bego komplexe Siedlungen gefunden. Jedoch hat man nicht eindeutig feststellen können, ob es auch eine ursprüngliche Ansiedlung zum heutigen Ventimiglia gab. So geht man davon aus, dass die ventimigliese sich erst mit dem Bau von „Castellari“ gründeten und ansiedelten. Weiterhin geht man davon aus, dass diese Befestigungen etwa im 7. Jahrhundert v.Ch. errichtet wurden um sich vor den Angriffen aus dem Norden aber auch von der Meeresseite zu schützen.
Die Bevölkerung hatte sich weiterentwickelt und bevorzugte nun die Meereslage. Die Siedler am Monte Bego zogen bis zum Ende der Eisenzeit, bis ca. 5. Jahrhundert v. Chr. in Richtung Küste. Man begann, auf und an den Hängen des Roia Tals Siedlungen zu bauen und Land- sowie Forstwirtschaft zu betreiben. Einige versuchten ihr Glück als Fischer oder gar Seemann. Auch an den nahegelegenen Felsformationen bei „Bandiera, Fontane, Ciaixe“ fand man Burgruinen aus vorrömischen Zeiten.

Ein jahrhundertelanger Konflikt mit den Griechen, die sich zwischenzeitlich entlang der Küste an der „Via Herculea“, von Monaco bis Bordighera, niedergelassen hatten und sich stark in die Handels- und Kulturbeziehungen einmischten, führte zur Allianz der ligurischen Ponente mit dem nordafrikanischen Karthago, der Hauptstadt sowie See- und Handelsmacht in der Antiken. Die Bevölkerung der „Intemeli“, dem Küstenstreifen zwischen Sanremo bis Monaco sowie dem Hinterland, verbündeten sich und bekämpften vehement ihr Territorium gegen die Griechen. Die „Intemeli“ hatten sich einen Namen gemacht. Man sagte, es wären raue Leute mit ausgezeichneten militärischen Qualitäten, die sich der Piraterie sowie den rückständigen wirtschaftlichen Verhältnissen angenommen hätten. Die Römer bezeichneten dieses Gebiet als „armes Volk“, rühmten aber gleichzeitig die Männer als furchtlose Krieger, denn man hatte sie bereits als Söldner kennengelernt.

Etwa 100 v. Chr. hatten die Römer auch dieses Gebiet übernommen und „Albintimilium“ zur Stadt ernannt. Ausgrabungen haben bestätigt, dass es in der Ebene an der Mündung zum Nervia eine größere römische Ansiedlung gab. Im Jahre 89 v. Chr. bekam die Stadt, durch den Konsul „Gnaeus Pompeius“ das „Lex Pompeia“, das lateinische Recht, den Status als Gemeinde. Dies bedeutete wiederum, dass man nun an der Seite der Pompeianer gegen Cesare im Bürgerkrieg, der 49 v. Chr. ausbrach, kämpfte. Jedoch nur wenige Jahre später, 45 v. Chr., erkannte man das Recht „Lex Julia“ an und Ventimiglia erhielt nun die vollständige römische Staatsbürgerschaft. Ventimiglia gewann immer mehr an Bedeutung, nicht zuletzt durch den Bau der römischen Straße, die nun Iberius mit Rom verband. Später dann noch der Ausbau der „Via Giulia Augusta“, die bis zum 12. Jahrhundert v. Chr. abgeschlossen war. Aber auch im Gebiet, rund um Ventimiglia, hatte man imposante Straßenarbeiten getätigt. Das „municipio“ war nun mit dem heutigen „Capo Sant’Ampelio“, der Landspitze von Bordighera, verbunden.


Ventimiglia genoss während der Kaiserzeit beträchtlichen wirtschaftlichen Wohlstand. Man investierte in eine große schützende Stadtmauer, ließ Häuser und Villen errichten und baute ein Theater mit 4.000 Sitzplätzen. Gerade in der Zeit des Kaisers „Imperatore Traiano“, der von 98 bis 117 n. Chr. regierte, wurden diese Baumaßnahmen durchgeführt. Sein Nachfolger „Imperatore Adriano“ sorgte im Jahre 124 n. Chr. dafür, dass die wichtigen Handelsstraßen restauriert wurden; man nutzte diese Wege doch nicht nur für den Handel. Es war ein kriegswichtiger Transportweg.

Ab dem 4. Jahrhundert musste auch Ventimiglia große tiefgreifende politische, soziale und religiöse Veränderungen erfahren, die sich jenseits der beiden Küstenstreifen der „Provincia Maritima Italorum“ abspielten. Auch an der ligurischen Küste spürte man die Macht der Goten, die im Jahre 410 die Stadt Rom belagerten und plünderten. Die Unsicherheit in der Bevölkerung soll mit dazu beigetragen haben, dass man sich nun auf dem Hügel, westlich des Roia Flusses, neu ansiedeln wollte. Doch die ventimigliese mussten noch viele Jahre unten im Tal warten, denn man hatte beschlossen, zunächst in den Bau von Stadtbehördenbauten zu investieren. Aber mit den Jahren entstand das neue „Castrum Bintimilium“, wie es in den Schriften der byzantinischen Zeit hinterlegt wurde. Die Niederschriften besagen, dass der Ort einer befestigten Wohnanlage gleichen sollte. Funde belegen, dass die Oberstadt, das heutige Ventimiglia Alta, bereits seit dem 6. Jahrhundert bewohnt war.

Auch Dokumente aus dem Jahre 356 bestätigen, dass die „Città Nervina“ bereits besiedelt wurde und schon religiöse Einrichtungen hatte, die den provenzalischen Heiligen gewidmet waren, wie „San Martino“, „Sant’Onorato“ oder auch „San Saturnino“. Man vermutet, dass die heutige „Cattedrale dell’Assunta“ auf einem früheren heidnischen Tempel errichtet wurde, wie es in der damaligen Zeit üblich war. Bis zur Eroberung Liguriens durch Rotari im Jahre 643 war Ventimiglia unter byzantinischer Kontrolle, auch als die Langobarden versuchten, das gesamte Gebiet einzunehmen. Ende des frühen Mittelalters, Mitte des 10. Jahrhunderts, bestimmten für lange Zeit zwei Ereignisse das Leben der ventimigliese sowie dem Hinterland.

Die Übergriffe und Gebietseinnahmen der Sarazenen. Es hört sich harmlos an, doch diese Piraten kannten keine Hemmungen, um die Dörfer, Städte oder Ansiedlungen gewaltsam einzunehmen. Zwischen dem 9. bis Ende 10. Jahrhundert kam es immer wieder zu blutigen Überfällen entlang der Côte d’Azur von „Garde-Freinet“, dem heutigen Saint-Tropez bis weit in das heutige ligurische Küstengebiet sowie dem Hinterland. Um nicht nur ihre Besitztümer sondern auch die eigene Haut zu retten, schlossen die Feudalherren Bündnisse mit dem Feind, den Sarazenen.

Aus dieser Zeit stammen auch die ältesten Aufzeichnungen über die Feudalherren, den „Conti di Ventimiglia“. So gibt es ein Dokument aus dem Jahre 879 das besagt, dass der toskanische Markgraf „Marchese Adalberto di Toscana“ auch Grafschaften in der Provinz besaß, unter anderem auch in Ventimiglia. Dies dokumentierte der damalige Papst „ Papa Giovanni VIII“. Adalbertos Nachfolge sollen angeblich sein Sohn „Bonifacio“ und danach dessen Sohn „Guido“ übernommen haben, so steht es zumindest in einem, aus dem Jahre 954 zitierten Dokument, das als angeblich sicheres Dokument gelten soll. Diese Adeligen sollen angeblich die Gründungsmitglieder der „Conti di Ventimiglia“ gewesen sein. Dies werde ich noch separat recherchieren und dann in der Rubrik „Geschichte – Herrscher und Adel“ hinterlegen.

Ab 950 verbündeten sich die Grafschaften im Nordwesten Italiens, der „Marca Arduinica“ oder auch „Marca di Susa“ mit der Provinz, um gegen die Sarazenen zu kämpfen und ihre Ländereien und Gebiete zurück zu erobern. Auch wenn die Aufzeichnungen von damals sehr ungenau sind und viele Widersprüche enthalten, kann man davon ausgehen, dass, gemäß eines Schriftstückes aus dem Jahre 954, eine enge Beziehung zwischen der ventimigliese Kirche von „San Michele“ und der Abtei der Benediktinermönche von Lerins bestand.
Dass es in dieser Zeit einen Zusammenhalt zwischen den rivalisierenden Adelshäuser gab ist aber durch kirchliche Aufzeichnungen belegt. So hatte sicher der Bischof von Ventimiglia an dem Wiederaufbau der Abtei von Novalesa beteiligt, die im Jahre 990 von den Sarazenen eingenommen und verwüstet wurde. Das Priorat Novalesa stand in ständigen Auseinandersetzungen mit den Markgrafen von Turin, doch Ventimiglia unterstützte die Mönche beim Wiederaufbau.

Ab 962 war Ventimiglia den „Marchesato di Susa“ unterstellt. Im Feudalzeitalter war Ventimiglia eine freie Gemeinde und wurde zur Herrschaft der örtlichen, verschiedenen Grafen, die sich dann „Conti di Ventimiglia“ nannten. Die Vormachtstellung dieser wenigen ligurischen Familien trug zu einer konfliktreichen Beziehung zu der, immer mehr wachsenden, Stadt und dessen Bevölkerung - eine territoriale und dynastische Politik.

Nach meinen weiteren Recherchen, die mir plausibler erscheinen, waren die Anfänge der „Conti di Ventimiglia“ im Gebiet von Ivrea zu suchen. „Berengario II di Ivrea e Willa“ dem späteren König von Italien, hatte einen Sohn namens „Corrado – Cono d’Ivrea, der etwa 950 geboren wurde. Man geht davon aus, dass „Cono’s“ Vater ihn zum Conte di Ventimiglia ernannte. Als König war dies sein Recht und sein Sohn wurde als Beamter eingesetzt und erhielt als Entlohnung Ländereien und besondere Vorrechte. Corrado heiratete noch vor 987 „Richilda di Torino“, die Tochter des ersten „Signore della Marca di Torino“. Aus dieser Ehe stammt der Sohn “Corrado II”, der 995 in Ventimiglia geboren wurde. So wurde „Corrado II“ bereits im Alter von etwa 5 Jahren und in zweiter Generation Nachfolger der „Conte di Ventimiglia“. Wann genau „Corrado II“ das Mädchen „Adelasia“ kennenlernte und heiratete ist nicht genau zu recherchieren, denn es gibt hier zu viele unterschiedliche Daten. Adelasia wurde etwa im Jahre 1020 geboren und bekam, als Ehefrau von „Corrado II“ 1033, im Alter von 13 Jahren die Tochter „Elena di Ventimiglia“ zur Welt. Darauf folgten noch „Ottone di Ventimiglia“ sowie „Corrado III di Ventimiglia“, der im Jahre 1039 zum ersten Mal namentlich erwähnt wird. Im Jahre 1040 wird das Lehensrecht amtlich und für die Brüder Ottone und Corrado III. bestätigt, die sich nun offiziell „Conti di Ventimiglia“ nennen dürfen.

In dieser Zeit wurde das Gebiet „Intemelio“ unter den Grafschaften aufgeteilt. Es betraf die Gegend zwischen dem „Torrente Armea“ und das Gebiet von Monaco, einschließlich der gesamten Täler dieses Hinterlandes. Dann der westliche Teil, inklusive der Besitztümer von Seborga und aller Privilegien von Ventimiglia, die sich in den Händen der „Monaci Lerinesi“ befanden, sowie der Bereich des heutigen Bordighera, inklusive der Abtei „Sant’Ampelio“ mit ihren umfangreichen Ländereien, bis hin zum östlichen Teil vom damaligen „Oppidum Matutianum“, dem ursprünglichen Dorf des heutigen Sanremo.

Die Beziehung zwischen der gräflichen Herrschaft und der wachsenden Stadt Ventimiglia wurde entsprechend konfliktreicher. Auch Genua versuchte mit allen Mitteln die absolute Kontrolle über das Gebiet, entlang der Riviera inklusive der Küste von Monaco am „Capo Corvo“ zu erlangen. Doch Ventimiglia kämpfte verbissen und leistete mehr als ein Jahrhundert absoluten Widerstand. Genua bewies Geduld und Hartnäckigkeit gegenüber seinem Rivalen von Ventimiglia, den gräflichen Familien. Genua nutzte die langjährige Präsenz der genuesischen Kurie und versuchte die Gemeinden und deren Bewohner gegen die Grafen auszuspielen. Es ging sogar so weit, dass man versuchte, die „Conti di Ventimiglia“ untereinander zu diskreditieren.

Im Jahre 1130 versuchte Genua gewaltsam in Sanremo einzudringen, was aber wiederum dazu führte, dass sich die „Conti di Ventimiglia“ und die Bewohner Sanremos zusammenschlossen. „Conte Oberto“ sowie die Vertreter der Orte „Baiardo“ und „Podium Pini“ dem späteren „Menton“ trafen sich in der Nähe von Menton und schworen den Treueeid.

Dieses Abkommen sollte bereits 1140 der Vergangenheit angehören, denn Genua rückte gegen Ventimiglia vor und zwang „Conte Oberto di Ventimiglia“ sich zu unterwerfen und zu verpflichten, alle gräflichen Familien, die sogenannten „Conti di Ventimiglia“ nach Genua zu berufen, um sich zu unterwerfen. Sie sollten sich den „Compagna Communis“ beitreten und sich ab sofort als „Versallo genovese“ betrachten. Die „Compagna Communis“ war eine Genueser territoriale Organisation, die sich im Mittelalter entwickelte. Es war der damalige König und Vater des ersten Conte di Ventimiglia „Re Berengario II“ der den Erlass im Jahre 958 gab, dass die Gemeinden volle rechtliche Freiheit haben sollten und garantierte den „Signorie fondiarie“, den Vasalen, Landbesitz in Form von Landherrschaften. Ende des 11. Jahrhunderts wurde die „libero commune“ gegründet. Es war Bischof „Arialdo“, der 1097 die wichtigsten Machthaber Genuas, den „Visconti“ mit den Bürgern aller acht Stadtbezirke vereinigte und zur „Compagna Communis“ zusammenführte.

Es begann eine Zeit des Friedens, wobei es natürlich auch kleinere Rivalitäten zwischen den beiden dominanten Familien „Maneciano“ und „Carmandino“ gab – einer aus dem Hause „Visconti“ abstammenden Familie. Es war, so zumindest nach meinen Recherchen, die „Carmandino - Famiglia di dignità Consolare“ die Carmandino Familie, die alle konsularischen Würden inne hatte, die im Jahre 1140 „Oberto Conte di Ventimiglia“ zwang, sich zu unterwerfen.

Friedrich I. Barbarossa, aus dem Adelsgeschlecht der Staufer, war seit 1155 Kaiser des Römisch-Deutschen Reiches. In dieser Funktion genehmigte er im Jahre 1162 dass nun Genua für den gesamten Abschnitt der Riviera zuständig sei. Es folgten mehrere Jahre der Ruhe, wobei sich die Rivalitäten zwischen den Grafen und der Stadt immer wieder hochschaukelten. Es war somit nicht verwunderlich, dass man 1185 dem „Conte Enrico di Ventimiglia“ einige seiner Privilegien entzog, damit der Frieden der Stadt Ventimiglia weiterhin gesichert blieb.
Die Beziehungen zwischen den beiden Städten Genua und Ventimiglia hatten sich langsam verbessert. Genueser Familien hatten sich zwischenzeitlich in Monaco angesiedelt und Vereinbarungen mit den provenzalischen Orten und Gemeinden entlang der Küste getroffen. Man hatte die Herrschaft nun weit über das Gebiet um Monaco erlangt und gab 1192 den beiden Markgrafen „Marchese Ottone e Guglielmo“ nun jeweils die Hälfte der, ihnen zustehenden, Feudalrechte.

Der Deutsche Kaiser „Heinrich IV.“ hatte im Jahre 1192 der Republik Genua den Hafen sowie den Felsvorsprung in Monaco, mit der Auflage, überlassen, dass man eine Befestigungsanlage zu errichten hätte, damit man endlich der Piraterie entgegenwirken und bekämpfen könnte. „Fulco del Castello“, ein unternehmungslustiger Genueser Konsul, ermöglichte 1215 diesen Bau. Man nimmt an, dass dies auch ein Auslöser erneuter Aufstände in Ventimiglia war, die im Jahre 1219 begannen. Man befürchtete nämlich, dass die Piraten nun nach Ventimiglia gelenkt würden. So musste Genua militärisch eingreifen, denn einer der Auslöser war auch die zweideutige Haltung des Grafen „Conte Manuele di Ventimiglia“ sowie der Einsatz einer der wichtigsten Familien von Ventimiglia „Famiglia de Giudici“ denen nun Einhalt zu gebieten war. Die Stadt wurde von allen Seiten belagert, so dass man in das Roia-Tal flüchten musste. Der Hafen wurde bei dieser Aktion zerstört. Erst nach lang anhaltendem Widerstand kapitulierte Ventimiglia am 8. September 1222.

Die Genueser zwangen die Stadt, eine Festungsanlage oberhalb von Ventimiglia zu bauen und besetzten diese, nach deren Fertigstellung, genauso wie das „Castel d’Appio“ mit ihren eigenen Männern. Der Bürgermeister „podestà“ wurde auch von Genua gestellt und die Unabhängigkeit war vorbei, Genua hatte nun volle Kontrolle. Aber auch die ortsansässigen Feudalherren machten den ventimigliese das Leben sehr schwer. „Famiglia de Giudici“ und die „Famiglia di Curlo“ waren seit je her Feinde.
Im Juli 1222 wurden folgende Familien nach Genua bestellt, um diesem sinnlosen Treiben und den menschlichen Verlusten Einhalt zu gebieten: „Raimondo de Giudici, Konsul von Ventimiglia“, dann noch die Familien von Raimondo Priore, Ottobono Maroso, Guglielmo Saonese, Guglielmo Intraversato und Pietro Curlo. Bei den Gesprächen war auch der Bischof von Ventimiglia zugegen „Guglielmo“. Durch die Rivalitäten dieser Familien waren auf beiden Seiten hohe Verluste zu verzeichnen, so dass man einen Vertrag ausarbeitete der strenge Klauseln beinhaltete. Somit konnten das Leben und das Eigentum aller Bürger von Ventimiglia gesichert werden und politische Vereinbarungen bezüglich der Steuern und weiterer finanzieller Zuwendungen geregelt werden.

Die Macht der Grafen von Ventimiglia hatte sich zunehmend in das Hinterland, insbesondere in der Gegend von Brig und Tenda, verlagert. Mit der extrem spürbaren sozialen Unsicherheit in den Städten aber auch auf dem Land nahmen die Spannungen zu und es folgte unweigerlich ein Bauernaufstand, wie es auch von „Guglielmo di Ventimiglia“, der seine Heldentaten gerne zum Besten gab, berichtet wurde. In den Tälern der Seealpen bis zur unmittelbaren Stadtgrenze tobte das Volk. Genua hatte eine feste Garnison sowohl in Albenga als auch in Ventimiglia. Das Volk rebellierte und wollte 1238 die Genueser zwingen, die Gegend zu verlassen, was jedoch von Genua niedergeschlagen wurde. Zu dieser Zeit ist „Ardizzone Iudex“ Konsul von Ventimiglia. Die Aufständischen wollten den Bürgermeister gefangen nehmen, der in der Festung Zuflucht suchte und von dort aus die Regenten von Genua warnte. „Guglielmo Saonese di Ventimiglia“ führte diese bürgerliche Revolution an.
Am 8. Juni 1251 sollte es endlich vorbei sein mit den unnützen Schlachten und Eroberungen. „Ardizzone Judex“ und „Fulco Curlo“, die beiden Konsuln von Ventimiglia, unterzeichnen feierlich in Genua den, zugegeben von Genua auferlegten Vertrag des ewigen Friedens und der feudalen Unterwerfung, den „patto d’amicizia“. Ein Freundschaftspakt, der bis zum Jahre 1797, dem Fall der Republik, anhalten sollte. Die Festung ging in den Besitz Genuas und man verhängte die „gabella del sale“. Die sogenannte Salzsteuer, ursprünglich in der römischen Zeit erfunden, wurde im 12. bis 13. Jahrhundert wieder eingesetzt und bereits 1246 von König Ludwig IX. wieder eingeführt und dann im Jahre 1286 vom französischen König „Philipp IV.“ dauerhaft übernommen.
Somit galt das Salz als Staatsmonopol. Die Steuer wurde erst 1790, durch den Beschluss der „Assemblea nazionale costituente“ wieder abgeschafft. Napoleon versuchte zwar, dieses Gesetz wieder zu reaktivieren, was nur teilweise gelang und der Staat mit den Jahren keinen Anspruch mehr hatte so dass man dieses Gesetz 1945 endgültig abschaffte.

Doch zurück zum Jahre 1251. Genua behielt weiterhin die Navigationsrechte sowie die Bestimmung des Bürgermeisters, Richters und zweier Schriftgelehrten. Die interne Verwaltung durfte bei den lokalen Feudalherren verbleiben, wobei man auch hier keinen Unabhängigkeitsanspruch zugestand. Die Grafen von Ventimiglia stimmten 1258 zu, dem "Conte di Provenza Carlo d’Angiò“ die Herrschaft über Tenda, Briga und Saorgio anzuerkennen.

In dieser Zeit ging die Familie der „Conti di Ventimiglia“, durch Heirat, internationale Beziehungen ein. „Guglielmo Pietro I. Conte di Ventimiglia e Tenda“ war der, im Jahre 1230 geborene Sohn von „Corrado III.“. Er wurde im Jahre 1261 mit der Tochter des gestürzten letzten Laskaridenkaisers “Teodoro II Lascais”, der 13-jährigen byzantinischen Prinzessin “Eudossia Lascaris” verheiratet. Aus dieser Ehe stammen 7 Kinder, der Stammbaum der Familie „Lascaris di Ventimiglia“ war geboren. Im Jahre 1264 bekam die Familie „Conte di Lascaris di Ventimiglia“, Eudossia war gerade 16 Jahre alt, ihren ersten Nachwuchs:

1264-1314 Lucrezia oder auch Lascara Lascaris di Ventimiglia genannt
1264-ca. 1332 Giovanni I. Lascaris di Ventimiglia, Conte di Ventimiglia e Tenda
? Beatrice Lascaris di Ventimiglia
1268-1336 Vatatza Lascaris di Ventimiglia
? Giacomo Lascaris di Ventimiglia
? Ottone Lascaris di Ventimiglia
? Yolanda Lascaris di Ventimiglia

Andere Mitglieder der Intemelia-Dynastie waren inzwischen auf Sizilien, was ab dieser Zeit eine große Bedeutung hatte. Die jeweiligen Familienzweige und Titel findet man unter der Rubrik „Adel“. Sizilien und Ventimiglia Dynastien pflegten eine tiefe, emotionale sowie kulturelle Bindung. Diese war so groß, dass man am 11. September 1627 auf Sizilien eine Stadt Namens „Ventimiglia“ gründete, die sich in den Bergen, hinter Termini Imerese, befindet.

Am 21. Juli 1262 wurde, nach den vielen Streitereien um die Gebiete, durch den Vertrag von Aix, die Einigung über eine weitere Teilung der Gebiete erzielt. „Castiglione“ und „Briga“ wurden der französischen Provence zugewiesen. Genua sollte Monaco, Roccabruna, Perinaldo, Mentone, Dolceacqua und Ventimiglia zugesprochen werden. Als Folge davon wurde die Stadt Ventimiglia vom Hinterland des Val Roia, durch eine Grenzbefestigung, ausgegrenzt und hatte somit eine wirtschaftlich gesehen, begrenzte Rolle. Die Stadt wurde in vier Bezirke aufgeteilt. Castello, Campo, Borgo und Lago, die ausschließlich von den Genuesen kontrolliert wurden. Die Garnison hatte sich in der Festung sowie den Burgen der „Colla“ und „Appio“ niedergelassen. Aber man hatte auch Vorteile von dieser Konstellation, denn man sorgte für den Wiederaufbau und die Erweiterung der Kathedrale von Ventimiglia.

Ventimiglia war an den internen Kämpfen zwischen den umliegenden Dörfern und den großen Genueser „Famiglia“ der Feudalherrschaft unweigerlich beteiligt und half ihnen, sich im 13. Jahrhundert auch dort niederzulassen. Auf der östlich gelegenen Ghibellinen-Seite, die Gegend um Dolceacqua waren die „Doria’s“ und im Westen bis nach Monaco die „Grimaldi’s“. Sowohl die Familie „Curlo“ als auch „Grimaldi“ waren an der administrativen Verwaltung und somit Kontrolle interessiert. Dies führte 1270 zu größeren Auseinandersetzungen, die sich noch bis nach Genua ausweiteten, da es ja auch unweigerlich die Familien „Doria“ und „Spinola“ betraf. Im Jahre 1273 eroberte die Provence, durch den beauftragten „Siniscalco“, der als Repräsentant des französischen Königs dafür sorgen sollte, Verwaltungs-, Gerichts- und Steuerpflichten einzutreiben, die Festung „Fortezza di Penna“ und bedrohte Ventimiglia. Dies war jedoch nicht so einfach, da hier „Ansaldo Spinola“ eingriff und die Übernahme verhindern konnte. Ventimiglia beteiligte sich 1284 an der Schlacht von Meloria sowie 1290 an der Schlacht gegen Cagliari. 1292 wurde ein neuer Vertrag zwischen Genua und Anjou unterzeichnet. Dieser setzte die territorialen Grenzen beider Mächte sowie die Expansionsbestrebungen der Provence entlang von Ventimiglia.

Im Jahre 1310 geriet „Francesco Grimaldi“ mit den Truppen der Spinola und Doria aneinander. Er konnte zwar die Kontrolle über Monaco und Ventimiglia erkämpfen, musste dies aber mit seinem Leben bezahlen. 1329 gelang es dem König „Re Roberto d’Angiò“ Ventimiglia zurück zu erobern. Zwar versuchte auch „Carlo Grimaldi“ die Grafschaft von Armea bis Lantosca zu erobern, was jedoch nicht gelang, so dass das Staatsoberhaupt der Republik Genua „Doge Simone Boccanegra“ mit der Rückeroberung des Intemelia begann, was seit fünfzehn Jahren in der Hand von Monaco war. Durch einen erpresserischen Pakt, den die Königin „Regina Giovanna di Napoli“ inszenierte, wurde die genuesische Herrschaft im Jahre 1350 wieder hergestellt. Doch die Beharrlichkeit von „Simone Boccanera“ sorgte dafür, dass er, mit der Unterstützung der „Visconti“ im Jahre 1357 selbst wieder an die Macht kam.

Ab dem Jahre 1388 sollte sich viel ändern. Das Haus Savoyen hatte an Macht zugenommen und richtete seine politischen und militärischen Aktionen in den folgenden Jahrhunderten auf das gesamte Gebiet der Seealpen. Sie suchten auch neue Absatzmöglichkeiten entlang des Meeres. Man kaufte die Grafschaft von Nizza und vergrößerte somit Macht und Einflussnahme. Das Haus Savoyen hatte selbstverständlich auch großes Interesse an Ventimiglia und stellte Ansprüche. Es waren mal wieder die Brüder Giovanni und Ludovico Grimaldi, die im Jahre 1395, jedoch ohne Erfolg, versuchten, die Stadt einzunehmen. Die Republik Genua, vertreten durch den Dogen „Antoniotto Adorno“ war sehr beeindruckt von dem Kampfeswillen der ventimigliese so dass er, als Zeichen der Wertschätzung, den Bewohnern einige Vorrechte gewährte. Auf Geheiß des französischen Königs „Carlo VI. di Francia“ folgte Genua Anfang des 15. Jahrhunderts einem Dekret, so dass Ventimiglia nun in die französische Herrschaft überging, was den Grimaldis und dem Hause Savoia nicht unbedingt gefallen hatte.

Am 9. Juni 1410 wurde Ventimiglia brutal angegriffen. Truppen, die unter der Führung der Doria’s, sowie 15 Schiffe unter dem Kommando von „Ottobono Giustiniani“ und dem König von Neapel „Re Ladislav di Napoli“ waren, fielen in die Stadt ein und verschafften sich auf brutalste Weise Zugang und plünderten Ventimiglia. Doch erst über ein Jahr später, am 10. Oktober 1411 konnten die Besetzer, dank der Hilfe der Genueser sowie den vertriebenen ventimigliese, die Stadt zurück erobern.

Es war auch die Zeit der Glaubensspaltung, dem sogenannten „schisma“. In der Zeit von 1378 bis etwa 1417 war die lateinische Kirche in einer Glaubenskrise, die sich mit den konkurrierenden Papstansprüchen zwischen Rom und Avignon abspielte. Dies resultierte aus der Verlegung der Papstresidenz im Jahre 1309 bis 1376 von Rom ins französische Avignon. Erst Papst Gregor XI. beschloss, 1376 die Papstresidenz wieder nach Rom zu verlegen. Jetzt erfolgten nicht gerade christlich gerichtete Handlungen, vielmehr wollte Avignon auch weiterhin päpstliche Macht genießen und erweiterte einfach das Französisch dominierte, sechzehn köpfige Kardinalskollegien um weitere 29 neue Kardinäle. Diese „Macht“ erklärte den amtierenden Papst „Urban VI.“ für unfähig und wählten in Avignon nun den Gegenpapst, den Franzosen „Clemens VII.“. Somit war das Schisma vollzogen.
Es war nicht nur die religiöse Spaltung der katholischen Kirche, denn es zog auch eine politische Polarisierung mit sich, was sich in kriegerischen Auseinandersetzungen im ganzen Gebiet nach sich zog. Der eine Papst war zwischenzeitlich verstorben, doch das löste das Problem nicht, es wurde einfach ein Nachfolger aus den eigenen Reihen bestimmt. 1409 wurde das Konzil von Pisa einberufen und beide konkurrierenden Päpste wurden für abgesetzt erklärt. Man wählte einen weiteren Papst „Alexander V.“, was jedoch nicht das Problem behoben hatte. Jetzt hatte man ein drittes Problem geschaffen, die „verfluchte Dreiheit“ – trinitas non benedicta, sed maledicta“. Da sich auch noch bei Amtsantritt 1411 vom römisch-deutschen König Sigismund diese drei Päpste um die Herrschaft der Kirche stritten, wurde der König aktiv und bemühte sich um eine Versammlung der Kirchenführern, die dann ab dem 5. November 1414 bis zum 22. April 1418 einberufen wurde – besser bekannt unter dem Namen „Konzil von Konstanz“. Sigismund wurde als „advocatus et defensor ecclesiae“ als Vogt und Beschützer der Kirche, zur treibenden Kraft und war bestrebt, das abendländische schisma zu beenden.

Es waren somit 4 Jahre und insgesamt 45 Tagessitzungen notwendig um endlich zur Wahl zu schreiten. Am 11. November 1417 war die Wahl beendet und ein gewisser „Odo Colonnas“ war nun bestimmt. Da dieser Tag auf den Martinstag fiel, nahm Odo nun den päpstlichen Namen „Martin V.“ an und wurde dann am 21. November zum Papst gekrönt. Am 22. April 1418 wurde das Konzil von Konstanz von Papst Martin V. und König Sigismund beendet und reiste im Mai 1418 nach Rom.

Doch wieder zurück zu Ventimiglia. Denn auch hier waren die Wirren der Papstmacht zu spüren gewesen, denn während dieser Zeit gab es innerhalb der Diözese einen orthodoxen Bischof in Ventimiglia und einen schismatischen Bischof in Sospello, deren Einwohner darauf bestanden, dass sich hier der wahre Bischofssitz befände. Erst mit Beendigung des schisma kam der neue aktuelle Bischof „Benedetto Boccanegra“ zurück und verhing kirchliche Sanktionen gegen Sospello und die kirchliche Ordnung war wieder hergestellt.

Ventimiglia stand weiterhin unter der Regierung Genuas, kam dann 1421 unter die Herrschaft von „Filippo Maria Visconti“, der durch die Heirat mit „Contessa Beatrice“ bis über die Grenzen hinaus sehr bekannt wurde. Seit 1412 war Filippo Maria mit Beatrice, der Tochter von „Wilhelm Lascaris di Ventimiglia“ verheiratet. Nun waren durch die wirtschaftlichen und militärischen Mittel, die diese Ehe mit sich brachte, der Staat teilweise wieder rehabilitiert worden. Seine Frau schien sich doch zu sehr für die politischen Ereignisse zu interessieren, so viel, dass sie im Jahre 1418 des Ehebruchs bezichtigt wurde. Sie hatte angeblich ein Verhältnis mit einem gewissen „Michele Orombelli“. Beide wurden verhaftet, auf die Burg von Binasco gebracht und enthauptet. Dieses Ereignis war anscheinend so unglaublich, dass man sogar eine Oper inszenierte. „Vincenzo Bellini“ verarbeitete dieses tragische Schicksal 1833 in der Oper „Beatrice di Tenda“.

Doch zurück zur Realität. Von 1421 bis 1505 war Ventimiglia nun wieder umkämpft. Jeder wollte dieses strategisch und wirtschaftlich hervorragend gelegene Gebiet für sich einfordern. Die Republik Genua beanspruchte zwar das Gebiet und ließ es von verschiedenen Kommandanten verwalten, doch die lokalen „Signorie“ wie zum Beispiel „Grimaldi, Angioini, Visconti, Sforza, Savoia“ kämpften bis Anfang des 16. Jahrhunderts um das Gebiet.

So war Ventimiglia bis 1437 unter französischer Herrschaft, ging dann an die Mailänder Adelsfamilie „Sforza“ über, wobei man auch berücksichtigen muss, dass die „Grimaldi di Monaco“ ständig präsent waren und bis 1469 interne Kämpfe zwischen den Sforza und Grimaldi stattfanden. Schließlich beendete man die monegassischen Bestrebungen, die Gebiete der Stadt Ventimiglia sowie des Hinterlandes „Intemelia“ einzunehmen. Die ortsansässigen „famiglie Ventimigliese“ wurden in dieser Zeit sozusagen „verlegt“, da man von allen Seiten kein Interesse hatte, auch noch örtliche Feudalherren mit in die Machtkämpfe aufzunehmen.

Ein kurzes aber prägendes Regierungschaos in Genua brachte 1507 auch Ventimiglia etwas in Bedrängnis. Es war ein gewisser „Paolo da Novi – il popolare“, der die Aufmerksamkeit des französischen Königs „Re Luigi XII. di Francia“ erregte. Der ehemalige Seidenfärber hatte in Genua Karriere gemacht und war nun „Doge“, Staatsoberhaupt der Republik Genua, wobei, er war dies eigentlich nur für 17 Tage. Er wollte Reformen zugunsten des Volkes vorantreiben, hatte extra einen Kredit bei der „Banco di San Giorgio“ aufgenommen. Doch der alte Adel konnte diesen anti-feudal-eingestellten Dogen, mit Hilfe der Soldaten, im April 1507, die Macht über die Republik entreißen und alles wieder zurück gewinnen. Es war ein naiver Versuch von „Paolo da Novi“ gewesen, dem normalen Volk mehr Mitsprache zu ermöglichen, eine Naivität, die er mit dem Tod zahlen musste, denn Paolo wurde bei seiner Flucht entdeckt, gefangen genommen, und dank der gefälschten Dokumente der alten Adelsfamilie „Fieschi“ im „Torre della Grimaldina“ in Genua eingesperrt und auf der heutigen „Piazza Matteotti“ geköpft.

Der französische König war zufrieden, denn Paolo da Novi hatte Ende 1506 über mehrere Monate versucht, das Gebiet unter anderem auch von Ventimiglia bis nach Monaco wieder einzunehmen und des den Genueser Territorien anzuschließen. Nach fünf Monaten gelang es dann „Luciano Grimaldi“, in der Schlacht vom 19. März 1507, seine Feinde endgültig in die Flucht zu schlagen, was aber Spuren hinterließ. Die Festung von Monaco sowie der Hafen waren zerstört.
Es war mal wieder soweit, Ventimiglia erhielt nun eine weitere neue Regierung, die der „Banco di San Giorgio“. Um dies zu verstehen sollte man wissen, dass die Gründung sowie Leitung dieser ältesten Bank der Welt, prominente und einflussreiche Familien der Stadt Genua beinhaltete wie zum Beispiel die mächtige Familie „Grimaldi“. Die Beziehungen zwischen den Oligarchen der Stadtrepublik und des, die Bank leitenden Familienclans war sehr eng und man nimmt an, dass die Macht der Bank und die Macht der Republik ineinander verschmolzen war. Dies zeigte sich auch darin, dass die Bank phasenweise politische Aufgaben übernahm. So versteht man auch jetzt, wenn man in Geschichtsbüchern darüber liest, dass Ventimiglia der Regierung der Banco di San Giorgio unterstellt wurde. Seit 1513 war man also in Abhängigkeit dieser Institution. Somit auch der Familie Grimaldi. Die ventimigliese hatten 48 Jahre lang mit dem harten und exzessiven Steuersystem dieses Banksystems zu kämpfen.

Es war das Jahr 1523, als Ventimiglia wieder in die Machtkämpfe von Feudalherren kam. „Bartolomeo Doria di Dolceacqua“, der Sohn von „Luciano Grimaldi’s“ Schwester „Francesca Grimaldi di Doria“ ermordete seinen Onkel “Luciano” am 22. August 1523 in dessen Palazzo in Monaco. Angeblich soll “Andrea Doria”, der rein zufällig mit seiner Flotte im Hafen von Monaco lag, nichts davon gewusst haben, dass sein Cousin “Bartolomeo” geplant hatte, seinen Onkel zu ermorden. Einige Verschwörer waren nach Ventimiglia geflohen und suchten bei Gleichgesinnten Unterschlupf. Der Bruder des ermordeten Luciano, Bischof „Agostino Grimaldi“ wollte dies nicht ungesühnt lassen und erhielt, bei der Suche nach den Verschwörern, spanische Unterstützung. Sie griffen Ventimiglia an und beschuldigten die Stadt, ein „Centro di appoggio“ zu sein, ein Unterstützungszentrum der Doria’s. 1526 griffen Truppen von „Carlo di Borbone“ Ventimiglia an und plünderten außerordentlich gewalttätig die Stadt. Durch die, vier Jahre zuvor gewüteten Pest, war Ventimiglia in der Verteidigung sehr geschwächt und konnte alsbald in die Knie gezwungen werden.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde das Gebiet der „Intemelia“ immer wieder von Banditen und Piraten heimgesucht, die Plünderung, Verwüstung und Tod brachten. Aber auch die „Savoia“ brachten das Gebiet und deren Bewohner unter Druck. Genua zeigte unterdessen wenig Interesse an den großen Problemen im Gebiet rund um Ventimiglia. Lediglich einige Wachtürme wurden installiert. Es war auch die Zeit der Umstrukturierung. Unter der Gerichtsbarkeit von Sanremo wurde nun Ventimiglia zur Hauptverwaltung der lokalen Behörden bestimmt, was jedoch keine große Macht mit sich brachte. Aber auch die kirchliche Macht war in dieser Zeit außerordentlich aktiv. Vor allen Dingen die Bischöfe „Carlo Grimaldi“ und „Francesco Galbiati“ setzten sich in dieser Zeit gegen die Diktate des Konzils von Trient in der Diözese Intemelia ein. Man verfolgte reformierte Gruppen wie zum Beispiel in Pigna, wo man das Haus des Anführers „Gio Francesco Ughetto“ konfiszierte und mit dem Verkaufserlös das Pfarrhaus in Pigna errichtete. Im frühen 17. Jahrhundert reorganisierte der Bischof „Stefano Spinola“ den gesamten kirchlichen Apparat um weiteren Missbrauch zu vermeiden.

Das Haus Savoyen erweiterte kontinuierlich seine Gebiete von den Alpen bis zur Küste. „Emanuele Filiberto di Savoia“ hatte zwischen den Jahren 1575 bis 1576 die feudale Herrschaft über die Grafschaft Dolceacqua, Tenda und vor allen Dingen Oneglia erworben, was insgesamt seine Position deutlich stärkte. Er legte den Grundstein für seine Nachkommen, deren ständiges Ziel es war, die gesamte westliche Riviera zu kontrollieren um somit auch eine neue strategisch wichtige Verbindung von Piemont aus zum Meer zu gewährleisten.

Am 26. Mai 1625 kam es in Ventimiglia zu einem symbolischen Widerstand gegen die Truppen von „Carlo Emanuele I. di Savoia“. Es brachen gewaltsame Unruhen aus, die erst mit der piemontesischen Garnison, die am Fort stationiert waren, wieder unter Kontrolle waren. Somit war Ventimiglia zur Kapitulation gezwungen. Die Besetzung durch das Haus Savoyen dauerte nur einige Monate, denn Genua schickte seine Truppen und konnte bereits im August die Festung wieder einnehmen und die Garnison zur Aufgabe zwingen.

Sechs Jahre später, im April 1631 entsandte die Regierung von Genua „Gian Vincenzo Imperiale“ um die gesamte Region des Riviera di Ponente zu inspizieren sowie Analyse zu betreiben, um zu definieren, inwiefern dieses Gebiet zu betreuen sei. „Imperiale“ kam zu dem Schluss, dass es nicht lohnenswert sei, für die Riviera di Ponente, insbesondere Ventimiglia, Verteidigungsmittel einzusetzen. Im Kriegsfalle wäre es wichtiger, die Streitkräfte in der Nähe von Genua zu konzentrieren und ordnete an, die Truppen von den Küstenorten abzuziehen.

Einer der größten Gelehrten und Bibliophilen Italiens des 17. Jahrhunderts war „Padre Angelico Aprosio“, der sich in Ventimiglia niedergelassen hatte. Er unterhielt große Beziehungen zu Künstlern, Dichtern und Historikern aus ganz Italien. Die wiederum hatten großen Einfluss auf die gesamte Kultur dieser Zeit. Mit einer großzügigen Spende Aprosios konnte 1648 eine Bibliothek „Civico Biblioteca di Ventimiglia“ installiert werden. Es war die erste öffentliche Bibliothek in dieser Region.

Durch die wirtschaftliche und demographische Krise, an der auch die Dekadenz der kirchlichen Institutionen Schuld war, setzte sich zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert der tiefgreifende Niedergang von Ventimiglia fort. Außer der Kathedrale und insgesamt drei Klöstern gab es keine Institutionen, die die religiösen und finanziellen Bedürfnisse der Bevölkerung befriedigen konnten. Auch Ventimiglia blieb nicht verschont, als der langjährige Österreichische Erbfolgekrieg wütete. Es kam zu großen Spannungen zwischen dem Adel und der religiösen Autorität. Auslöser war Bischof „Pier Maria Giustiniani“, der die Bevölkerung, anlässlich des Festes „Festa di San Secondo“ am 26. August 1744 dazu aufforderte, Widerstand gegen den Adel zu leisten. Dies sollte noch bis zum Frühjahr 1745 andauern. Doch die Kriegsoperationen während des Erbfolgekrieges hatten weit ernstere und grausamere Folgen. Bis zum Sommer 1745 wurde die Stadt Ventimiglia von den piemontesischen Truppen bombardiert und in Brand gesteckt. Anfang September 1746 folgte die Bombardierung der Britischen Flotte sowie am 29. September 1746 die Besetzung durch die Truppe von „Carlo Emanuele III.“.

Einige Monate später kam eine Gegenoffensive der französisch-spanischen Truppen, die auch Ventimiglia angriffen. Die piemontesische Garnison legte am 1. Juli 1747 die Waffen nieder, doch die österreichischen Truppen standen bereits zwei Monate später, am 7. September 1747 vor der Stadt. Nur durch einen Verzweiflungsakt der örtlichen Gemeindevertreter war es möglich, eine Bombardierung zu verhindern und den französischen Befehlshaber davon zu überzeugen, dass man ohne Kampf bereit wäre, die Stadt zu evakuieren. Erst mit dem völkerrechtlichen Friedensvertrag von Aachen am 18. Oktober 1748 sollte wieder relative Ruhe einkehren. Jedoch war Ventimiglia, aufgrund der zerstörerischen Militäreinsätze, in sehr schlimmem Zustand.

Die vier Hafenbezirke sowie die öffentliche Brücke waren zerstört. Nur „San Michele“ und der unmittelbare Platz mit den aristokratischen Gebäuden blieben verschont. Die kirchliche Autorität verlor ihr Ansehen, die Stadt befand sich in einer großen wirtschaftlichen Krise, die auch nach mehreren Jahrzenten nicht überwunden war.

Revolutionäre Ideen aus Frankreich brachte auch Ventimiglia zu ersten Veränderungen. Die Jakobiner machten durch Zeitungsartikel, Flugblättern sowie einnehmenden Reden auf sich aufmerksam und fanden auch hier, insbesondere bei den Arbeitern und Kleinbürgern, zunehmend Anhänger. Es war die Politik des einfachen Volkes. Nach Ausbruch des Krieges 1793 hoffte Genua noch, dass man die alte Republik respektieren würde. Am 15. Oktober 1793 wurde die „piazzaforte“ von Ventimiglia von nur 25 Soldaten und zwei Fässern Schießpulver tapfer verteidigt. Unter dem Vorwand, gegen Oneglia und Loano vorzugehen, drangen die französischen Truppen in das Genuesische Gebiet, entlang der Riviera di Ponente, ein und beteiligten sich mit der Enklave der Savoyer an militärischen Operationen.
Jedoch hatten die Kriegsführungen ihre Bereitschaft erklärt, die genuesische Neutralität zu respektieren, so dass die Behörden und Garnisonen sich selbst verwalten konnten. Die französischen Truppen nutzten die neue Autorität zu Missbrauch und Gewalt aller Art, Essensvorräte wurden geplündert. Ventimiglia hatte irgendwie schon aufgegeben und war bis 1797 schon seit Jahren unter Kontrolle der Revolutionäre.
Mit der Entsendung zweier Regierungsbeauftragter für die Stadt Ventimiglia, die Herren „Biagini“ und „Repetto“, begann die antiaristokratische und antiklerikale Verfolgung. Bischof „Vescovo Clavarini“ war resoluter Gegner des neuen Regimes. Auf mysteriöse Weise verstarb dieser, als er in seinem Amt seinen letzten Epilog im Hirtenbrief zum Besten gab.

Es wurden Neuwahlen für den 26. Dezember 1797 angeordnet, was jedoch zu gewalttätigen Ausschreitungen führte, verursacht von einigen Adeligen, die mit einigen hunderten, bewaffneten Bauern erfolgreich die Stadt in Besitz nahmen, die Jakobiner verhafteten und diese wegen Betrugs anklagten. Doch noch während dieser Auseinandersetzungen ordnete die Regierung an, dass das gesamte Vermögen religiöser Orden zu beschlagnahmen wäre.
Für Ventimiglia war dies ein schmerzlicher Verlust, denn neben den vielen wertvollen Einrichtungs- und Wertgegenständen hatte man noch besonderes Augenmerk auf die unbezahlbaren Schriften der „Biblioteca Aprosiana“. Diese wertvollen Schriftstücke und Bücher wurden nach Genua transportiert und befinden sich noch heute in der Universitätsbibliothek von Genua. Im Rahmen dieser territorialen Neuordnung der Republik wurde Ventimiglia die Hauptstadt für die Region „Cantone all’interno della Giurisdizione delle Palme“, dessen Zentrum in Sanremo lag.

Dann kam die kurze aber heftige „anti-Franzosen-Offensive“, die etwa ein Jahr, von 1799 bis 1800 dauerte. Den österreichischen Truppen gelang jedoch nur eine kurze Besetzung der Stadt und Ventimiglia kam bald unter die Regierung der Ligurischen Republik und wurde 1805, zusammen mit dem Rest Liguriens, dem französischen Reich unterstellt.

Im Jahre 1802 trennte man die Diözese von Ventimiglia und fast alle Pfarreien wurden Frankreich zugeordnet. Ventimiglia, bis dahin kirchlich stark geprägt, empfand dies als schändliche ernste Erniedrigung, doch das Papsttum und Frankreich hatten dies so beschlossen. Ventimiglia war nun keine Grenzstadt mehr, sondern nur noch ein Teil einer ganzheitlichen, staatlichen Einheit. Die napoleonische Regierung hatte nicht nur für diesen Zustand gesorgt, denn durch die folgenden Kriege gab es jetzt auch ernsthafte Nahrungsmittelprobleme. Hinzu kamen dann noch die konsequente Schließung von Klöstern und Oratorien, was nicht unbedingt half, Sympathien von den ventimigliese zu erhalten.

Ab 1808 bis 1814 hatte sich entlang der Küste ein kleiner Fortschritt gezeigt. Es wurden Straßen sowohl im Hinterland als auch an der Küste angelegt, was auch die wirtschaftlichen Verhältnisse nun um einiges verbessern sollte. Den Bauern war es nun möglich, ihre Waren von und zur Küste zu bringen. Hohen Besuch hatten die ventimigliese am 11. Februar 1814, als Papst Pius VII., während der Rückreise aus seinem französischen Exil, auf dem Weg nach Rom hier Halt machte. Ab dem Jahre 1815, nach dem Wiener Kongress, unterstand Ventimiglia dann dem Königreich Sardinien.
Es heißt, dass die genuesische, bis dahin provisorische Regierung ihre Delegierten beim Wiener Kongress beauftragt haben sollte, einen Austausch von Regionen beziehungsweise Städten vorzunehmen. Savoyen und somit das Piemont konnte Ventimiglia und Sanremo, im Austausch zu Oneglia, haben. Alternativ gab man noch das Angebot ab, dass man auf die gesamte westliche Riviera verzichten würde, wenn Genua dafür nur Oneglia erhält. Doch dieser extreme Verzweiflungsakt von Genua hatte keine Relevanz. Die großen europäischen Mächte hatten bereits ihre Entscheidung kundgetan. Ventimiglia war jetzt unter der piemontesischen Regierung, somit dem Hause Savoyen unterstellt, was auch gleichzeitig das Königshaus von Sardinien repräsentierte.

Die piemontesische Regierung bezeichneten Ventimiglia auch gerne als „Ihre Festung“, denn man traute Frankreich nach wie vor zu, dieses strategisch wichtige Gebiet anzugreifen. Mit Hilfe von Leutnant „Camillo Benso di Cavour“ wurde die ventimigliese Festung besetzt und das Land bewacht.

Das „Forte San Paolo“, die im 13. Jahrhundert auf den Resten der alten Burg „Castelvecchio“ errichtet wurde, war in die Jahre gekommen. Sie war Schauplatz wichtiger militärischer Ereignisse wie zum Beispiel während des österreichischen Erbfolgekrieges, was nicht spurlos am Gebäude vorüberging. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Festung restauriert und renoviert und angeblich auch mit einem Verbindungstunnel zu der, unterhalb liegenden „fortezza dell’Annunziata“ verbunden. Doch bereits Ende des 19. Jahrhunderts, gemäß einem Dekret vom 8. Juli 1883, wurde erklärt, dass die „piazzaforte“ die Festung für Ventimiglia nicht mehr relevant wäre und ab Februar 1884 die Festung größtenteils abgerissen wurde. Noch heute kann man Teile der alten Stadtmauer finden.

Das außerhalb der „Porta Nizza“ liegende ursprüngliche Kloster „Convento di Frati Minori Osservanti“ aus dem 16. Jahrhundert wurde Anfang des 19. Jahrhunderts teilweise zurückgebaut, da man das Material für die Restaurierungsarbeiten am „Forte San Paolo“ benötigte. Jedoch hatte man bedenken, dass wegen der neuen Küstenstraße, der Via Aurelia, es jetzt viel einfacher für Feinde werden könnte, Ventimiglia und das dahinter liegende Gebiet zu bekämpfen. So beschloss man, in Ventimiglia, als strategisch wichtigen Ort, eine Art Zitadelle rund um Ventimiglia zu errichten. So wurde das alte Kloster, das bereits eine Reduktion erhalten hatte, nun zur „Fortezza dell’Annunziata“ oder auch bekannt als „Ridotta dell’Annunziata“.

Im Jahre 1831 wurden „Colonello Malaussena“ und Oberstleutnant „Podestà“ mit dem Projekt „sbarramento in casamatta“ betraut. Sie sollten eine bombensichere Festung aus der bestehenden Substanz fertigen. Auch der damals 18-jährige Leutnant „Camillo Benso Conte di Cavour“ beteiligte sich an diesen Studien und man gestaltete eine neue Festung mit einer mächtigen Stadtmauer und dem, bereits erwähnten, unterirdischen Tunnel bis zum „Forte San Paolo“. Doch, wie bereits beschrieben, hatte 1883 der König befohlen, die „piazzaforte“ für Ventimiglia einzustellen und so wurde aus der „Ridotta dell’Annunziata“ eine Infanteriekaserne „Caserma di fanteria“, später unter dem Namen „Caserma Umberto I.“ bekannt. Nach dem zweiten Weltkrieg ging dieses Gebäude in den Besitz der Stadt Ventimiglia über und beherbergt heute das Fremdenverkehrsamt und seit 1990 das „Museo Civico Archeologico Girolamo Rossi“.

Doch wieder zurück ins 19. Jahrhundert. Ventimiglia hatte nun eine verantwortungsvolle militärische Struktur, doch die Wirtschaft war noch immer nicht angekurbelt. So besaß man 1827 gerade mal ein, mit Wasserkraft betriebenes Sägewerk sowie Ölmühlen und etwas Wein-, Getreide- und Obstanbau. Aber was auch nicht zu verachten war, die Präsenz der Garnison. Ventimiglia war nun zur Ruhe gekommen, beschützt durch die Festung, so dass man bis Mitte des 19. Jahrhunderts keine Gewalt in der Stadt zu verzeichnen hatte.

Ventimiglia hatte aber mit Naturkatastrophen zu kämpfen. 1831 gab es ein großes Erdbeben, wobei Ventimiglia hier noch etwas Glück hatte. Während die umliegenden Dörfer große materielle sowie menschliche Verluste zu beklagen hatten, war das Beben hier weniger zerstörerisch und man konnte sich selbst helfen. Beschädigte Bauten wurden restauriert beziehungsweise aufgebaut. Ventimiglia blieb, im Gegensatz zu Sanremo von der Typhus- und Choleraepidemie weitestgehend verschont und hatte auch nach den folgenden Erdbeben von 1848 und 1849 keine allzu großen Verluste zu beklagen.

Der, im Jahre 1821 in Ventimiglia geborene „Giuseppe Biancheri“ wurde im Jahre 1853, mit nur 32 Jahren, bei den Parlamentswahlen bestätigt und zum Abgeordneten von Ventimiglia gewählt, was er ununterbrochen bis zur 20. Legislaturperiode innehatte. Zunächst war er nur für Ventimiglia zuständig. Nach dem Zusammenschluss mehrerer Gemeinden in seinem Wahlkreis war er auch der Vertreter für Sanremo und Porto Maurizio. „Biancheri“ war maßgeblich an der sogenannten „Grenzverschiebung“ beteiligt, die nun besagte, dass Nizza zu Frankreich gehörte. Eine besondere Leistung war auch die Durchsetzung seines Vorschlages, den Bau der Eisenbahnlinie zwischen Ventimiglia und Cueno zu realisieren. Man hatte ursprünglich vor, den Bahnverkehr durch das „Valle Argentina“ zu legen. „Biancheri“ schlug vor, die Durchfahrt durch das „Valle Roia“ vorzunehmen und entwarf Pläne von Ventimiglia nach Breil-sur-Roya, der heutigen Tenda-Linie.
Er hatte viele hohe politische Ämter inne wie zum Beispiel, Abgeordneter, Minister der Marine, Präsident der Abgeordnetenkammer des Königreichs Italien, bis er dann von der radikalen Gruppe „Marcora“ im Jahre 1907, er war inzwischen 86 Jahre, abgelöst wurde und einige Monate später, im Oktober 1908 verstarb. Die ventimigliese sind sehr stolz auf diesen Bürger der Stadt. Man findet in der Gegend immer wieder Plätze oder öffentliche Gebäude, die seinen Namen tragen „Giuseppe Biancheri“.

Nicht zuletzt, dank der politischen Stellung von „Biancheri“ begannen auch für Ventimiglia, Mitte des 19. Jahrhunderts, tiefgreifende soziale und urbane Veränderungen. Projektbeginn für die Küsteneisenbahn aber auch das verstärkte Interesse an architektonischen sowie archäologischem Erbe der Stadt und natürlich auch der aufkommende Tourismus der „besseren Gesellschaft“ wirkten sich, ab dem Jahre 1853, positiv auf Ventimiglia aus. Der Bahnhof wurde im unteren Teil von Ventimiglia gebaut, was auch bedeutete, dass sich hier mehr Infrastruktur ansiedeln konnte. Nach der Vertragsunterzeichnung im März 1860 zwischen der piemontesischen und der französischen Regierung kam die alte Grafschaft von Nizza, zusammen mit dem oberen „Val Roia“ zurück zu Frankreich. Somit war der Zustand vor 1262 wieder hergestellt. Ventimiglia hingegen wurde nun Teil der neu gegründeten Provinz von Porto Maurizio und hatte die Funktion einer Art Grenzstadt.

Man genehmigte den Bau der Verbindungsstraße von Ventimiglia nach Cueno, die dann nach etwa 24 Jahren fertiggestellt wurde. Es war das Jahr 1867, als ein britischer Kaufmann Namens „Sir Thomas Hanbury“ im französischen Menton für einige Tage Halt machte und einige Ausflüge unternahm. So entdeckte er auch, kurz hinter der italienischen Grenze, das „Capo La Mortola“ mit dem verfallenen Gebäude „Palazzo Orengo“. „Capo Mortola“ war und ist noch immer ein wildes, ursprüngliches Gebiet, das inmitten der ligurischen Alpen und dem Küstenabschnitt, entlang der Landesgrenze liegt und nur über die installierten Wege zu erreichen ist. Der junge Thomas Hanbury war fasziniert von der ursprünglichen Schönheit dieses Landstriches, das auch noch Zeugnis für Geschichte und Kultur aufbewahrte. Die, im Hintergrund emporragenden, majestätischen Kalksteinfelsen, davor die unberührte Vegetation und inmitten dieser Kulisse der, aus dem 11. Jahrhundert stammende, zerfallene Palazzo hatten es ihm angetan und so kaufte er der Familie Orengo im Mai 1867 die 112 Hektar Land ab.

Mit der großen Unterstützung seines Bruders „Daniel Hanbury“ sollte dieser Ort zum Ruhesitz von Thomas werden. „Daniel Hanbury“ engagierte den deutschen Landschaftsgärtner „Ludwig Winter“ im Jahre 1869, wo dieser dann als Botanik-Experte seine Arbeit aufnahm. Winter war insgesamt fünf Jahre an diesem Projekt beteiligt und installierte zahlreiche verschiedene Pflanzen aus der ganzen Welt. Ludwig Winter lebte ab 1874 in Bordighera. Gemeinsam mit „Hermann Nestel“, Landschaftsmaler, Illustrator und Zeichner aber auch Schwiegervater von Winters Sohn, arbeitete er auch weiterhin an Gärten und Parks entlang der gesamten Ligurischen Riviera. Man kann heute noch entlang der Küste der Provinz Imperia die Handschrift von Winter erkennen.

Doch zurück zu „Sir Thomas Hanbury“ und dem Jahre 1868. Er heiratete die, aus Bristol stammende „Katherine Aldham Pease“ und reiste mit ihr, während der Restaurierungsarbeiten nach China und kam 1871 erstmalig, mit der gesamten Familie zurück um die Wintermonate bei diesem angenehmen Klima, zusammen mit seinen drei Kindern „Danny, Cecil und Horace“ zu verbringen. Weitere Informationen zu der „Villa Hanbury“ und dem „Giardini Botanici Hanbury“ findet man unter der Rubrik „Sehenswürdigkeiten“.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts profitierte Ventimiglia vom aristokratischen und hochbürgerlichen Tourismus. Zahlreiche Gelehrte, Forscher sowie alle Arten von Künstlern kamen nun in diese Region. Geschichtswissenschaftler, Archäologen und Anthropologen hatten hier ihre Berufung gefunden und man beschäftigte sich, wenn auch nicht gerade professionell, mit den „Balzi Rossi“. Aber auch ein „Claude Monet“ hatte sich in diese Gegend verliebt und auf seine ganz eigene „Art“ im wahrsten Sinne, auf diese pittoreske Landschaft mit seinen ganz eigenwilligen Gemälden hingewiesen.

Am 29. November 1871 war es endlich soweit. Zum ersten Mal fuhr eine Dampflokomotive von Genua kommend, in den Bahnhof von Ventimiglia ein. Die Trasse wurde eingleisig angelegt und verlief über weite Teile unmittelbar am Meeresufer, auch durch kürzere Tunnelabschnitte und mitten durch die Ortschaften. Landschaftlich gesehen eine richtige Attraktion für den beginnenden Tourismus. Was man ignorierte waren die städtebaulichen Probleme sowie die eigentlich vorhersehbaren Probleme mit der Erosion entlang der Küste, die durch die Gezeiten, der Wettereinflüsse, Erdbeben oder auch Temperaturunterschiede mit den Jahren dann entstanden. Aber Ventimiglia empfand diese Eisenbahnlinie als positives Zeichen, denn die Reisenden sorgten dafür, dass man Hotels und elegante Freizeiteinrichtungen baute sowie stilvolle und exquisite Gebäude errichtete.
Das schlimme Erdbeben im Jahre 1887 ging auch an Ventimiglia nicht spurlos vorbei. Die Festungsanlangen, aber auch die vielen privaten Häuser wurden teilweise stark beschädigt oder fielen in sich zusammen. Auch die „Chiesa di San Francesco“ wurde beschädigt, konnte aber wieder restauriert werden. Das Erdbeben konnte den Enthusiasmus der Bevölkerung nicht stoppen. Das landwirtschaftliche Wachstum, sowie der anhaltende Tourismus sorgten für finanzielle Stabilität und die Stadt wuchs auf fast 9.000 Einwohner an. Aber es war nicht unbedingt ein industrielles Wachstum in der Stadt, denn außer ein paar privaten Produktionsfirmen, wie dem Steinbruch, dem Sägewerk oder der Gerberei sowie kleine Ölproduzenten, hatte die Stadt nichts vorzuweisen.

Ventimiglia war nun zum Grenzzentrum zwischen Italien und Frankreich geworden, hatte somit einen internationalen Bahnhof und wurde zum Umschlagplatz. Kaufleute und Finanziers waren nun die Macher der Stadt, Ventimiglia nannte man jetzt „Città di servizi“, die Stadt der Dienstleistung. Die Altstadt auf dem Hügel wurde jetzt durch die vielen neuen Gebäude in der unmittelbaren Umgebung des Bahnhofs „ersetzt“, man wollte inmitten des Geschehens leben.
Landwirtschaftlich gesehen hatte man Anfang des 20. Jahrhunderts versucht, mit dem Anbau von Blumenkulturen ein neues Standbein für die Stadt zu kreieren. Zum Thema Blumenzucht und der Küstenbezeichnung „Riviera die fiori“ liest man immer wieder den Namen „Jean-Baptiste Alphonse Karr“. Ihm wird die Gründung des Namens „Blumenriviera“ zugeschrieben. Er war französischer Journalist, Schriftsteller und Satiriker. Als strikter Gegner von Napoleon III. ging er, nach dem Staatsstreich von 1851, nach Nizza ins Exil, wo er sich später auch intensiv mit dem Gartenbau sowie der Blumenzucht beschäftigt haben soll. Auch die Anfänge des Blumenhandels mit Paris werden ihm zugeschrieben.

Durch starken langanhaltenden Frost waren die Zitrus-Plantagen sowie Olivenbaumkulturen in starke Mitleidenschaft gezogen worden, man hatte verhältnismäßig große wirtschaftliche Verluste zu beklagen. Um dies auszugleichen, wurden die Ländereien kurzerhand zu Blumen- und Palmenplantagen umfunktioniert.

Um auf diese neue Form des Handwerks aufmerksam zu machen, begann man zu bestimmten Festen wie zum Beispiel Karneval oder einem Frühlingsfest, einfache Pappmaché-Motive auf einem Wagen zu installieren und zunächst nur mit Palmblättern und Blumensträußen zu dekorieren. In den 20ern waren es schon professionellere Motivwagen, die pompös mit edlen Pflanzen und Blumen dekoriert waren. Im Laufe der Jahrzehnte, wenn auch mit Unterbrechungen wegen Krieg oder auch mal Mangels Finanzen, lebt dieses Ritual „Battaglia di fiori“ bis heute in ventimiglia. Die italienische Tourismusbehörde verlieh diesem Festival im Jahre 2011 den Titel „Patrimonio d’Italia – per la tradizione“ und sagt, es ist das „La festa più bella del mondo“.

Der erste Weltkrieg forderte bis zu 90 Menschenleben in Ventimiglia. Der Faschismus hatte auch noch architektonisch seine Spuren hinterlassen. An der Straße zur „Ponte San Luigi“ wurde das alte Zollhaus gebaut, wo sich danach die Polizeibehörde befand, dann die Kaserne „Caserma Bligny“, die später Sitz der staatlichen Polizeiwache wurde. „Caserma Livio Duce“, in der die Carabinieri untergebracht wurden aber auch der Bahnhof und das markante Rathaus waren architektonische Installationen des Faschismus.

Mussolini hatte 1923 beschlossen, dass Porto Maurizio und Oneglia zu vereinen und als Provinzhauptstadt „Imperia“ dann verantwortlich für das Hinterland sowie der Küstenregion, bis einschließlich Ventimiglia, wären. Ventimiglia spielte zunehmend eine untergeordnete Rolle. In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen waren keine außergewöhnlichen Aktivitäten oder kulturelle Veränderungen zu spüren.

Während des 2. Weltkrieges herrschte in Ventimiglia ein interner Krieg unter den Kriegsmächten. Jeder wollte die Grundstücke und prächtigen Villen. Franzosen, Engländer, Deutsche und Italiener stritten um die Immobilien sowie der Hanbury Villa mit den Gärten.
Zwischenzeitlich war Menton von italienischen Truppen besetzt, man reorganisierte Ventimiglia und setzte auch öffentliche Gebäude, wie zum Beispiel das örtliche Museum, wieder instand. Es waren bescheidene Veränderungen, was jedoch die ventimigliese wohlwollend aufnahmen. Auch die deutsch-italienische Besetzung im November 1942 in der Provence hatte wenig Einfluss auf das Leben in der Stadt. Erst mit der deutschen Besetzung im Laufe des Jahres 1943 sollte sich alles verändern.

Am 8. September 1943, trotz der Ankündigung des Waffenstillstands, begann eine vollständige Besetzung der Stadt. Doch es waren die lokalen republikanischen Beamte, örtliche Soldaten und der örtliche Sicherheitsbeauftragte „Pavone“, die sich mit den Deutschen „reparti tedeschi“ gemeinsam die Stadt einnahmen. Im Dezember 1943 begannen massive Luftangriffe, die bis zum Juni 1944 an Intensität zunahmen. Selbstverständlich nahm man keine Rücksicht auf historische Stätten wie zum Beispiel der „Balzi Rossi“ oder die Parkanlagen sowie der Gebäude von „Hanbury“. Ventimiglia wurde immer wieder von direkten Kämpfen erheblich getroffen. Bis April 1945 musste diese Stadt sowie die umliegenden Orte das Bombardement zu Lande und aus der Luft über sich ergehen lassen. Das „neue“ Ventimiglia war weitestgehend zerstört, so dass die Bevölkerung nach Kriegsende entweder ins Hinterland flüchtete oder auf den Hügel des „alten“ Ventimiglia versuchte, in den Trümmern der Altstadt ein neues Leben aufzubauen.

Im „Valle Roia“ inszenierten die Partisanen einen „guerra die ponti“ einen sogenannten Brückenkrieg, um die noch vorhandenen deutschen Truppen daran zu hindern, zurück in die Piemonteser Alpen zu gelangen. Bis zum Kriegsende waren auch die Kathedrale, die Oratorien, das Anwesen der Hanbury, Teile der Balzi Rossi sowie ein großer Teil vom neuen Stadtteil zerstört. Am 25. April 1945 wurde Ventimiglia von der „Cascione“ der Partisanengruppe befreit und bereits im Juli konnte die italienische Zivilverwaltung wieder Ventimiglia übernehmen. Trotz der großen Verwüstung und der schweren wirtschaftlichen Lage hatten es die ventimigliese es irgendwie verstanden, die Stadt wiederzubeleben. Durch den Pariser Vertrag vom 10. Februar 1947 war es jetzt möglich, lang verloren geglaubte Gebiete, durch die allmähliche Lockerung der Grenze, wieder zu vereinen, zumindest kulturell und touristisch. Man hatte wieder Kontakt zu Briga, Tenda und den „meraviglie del Bego“.

Ein bemerkenswerter Einwohner „Nino Lamboglia“ war sehr engagiert und organisierte die Restaurierung und den Wiederaufbau historischer Gebäude und Anlagen. Das Freilegen der historischen Ruinen und „Balzi Rossi“ aber auch die Restaurierung der Villa Hanbury und das neue Anlegen der Gärten. Durch dieses unermüdliche Engagement wurde es auch möglich, die ganze Stadt nach und nach wieder aufzubauen.

Auch heute wird Ventimiglia „nur“ als Grenzstadt angesehen. Der Tourismus hat sich weitestgehend auf „Durchreise-Tourismus“ beschränkt, was aber nicht bedeutet, dass man auf Luxus verzichten muss. Entlang der „Via Cavour“ bis zur „Via Roma“ befinden sich auch exklusive Geschäfte, Restaurants und Hotels. Der berühmte „mercato del venerdì“ erstreckt sich zwischen dem linken Ufer des „Roia“ bis zur Promenade und der der Flussmündung bis zur „Via Chiappori“.

Diese Stadt hat so viel Geschichte und ein Besuch in der Altstadt, auf dem Hügel Ventimiglia, lohnt sich auf jeden Fall. Angefangen von dem unbeschreiblich pittoresken Ausblick auf das Meer, die Küste und das Hinterland bis zu den engen verschlungenen Gässchen mit den majestätischen, mächtigen Gebäuden auf beiden Seiten. Hier kommt man zur Ruhe und wird in die Vergangenheit magisch einbezogen.



 
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